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  • AutorenbildNatalie Voß

NOAH LEVI: "Ich liebe zwar Pop, aber ich liebe auch Kanten und Vielschichtigkeit"

Natalie Voß im Interview mit Musiker Noah Levi.

credits: Sven Zink

„Keine Lösung für zu viel Probleme, niemals kommt etwas dem Job in die Quere“, rappt der Berliner Musiker Noah Levi im Song „Sternhagel“ – zu hören auf seinem neuen Album „555“. Die Platte ist Mitte November erschienen und resultiert, das erzählt er mir im Interview, aus einem allumfassenden Wandel. Mir hat er verraten, wie man sich diese Verwandlung vorstellen darf und in was für langwierige Prozesse und emotionale Achterbahnfahrten er sich begeben musste, um seine Ziele zu realisieren.


Hey Noah, ich habe gesehen, dass du aktuell in Barcelona bist. Wieso bist du da und was sind deine Pläne da?


Ich bin gerade mit einer Freundin hier und wir haben zufällig zwei Homies getroffen. Jetzt wollen wir einfach nur chillen. (lacht) Habe ja gerade mein Album rausgebracht und nach so einem fetten Projekt muss ich erstmal neue Inspiration sammeln.


Sehr verständlich. Man ist wahrscheinlich erstmal ziemlich ausgebrannt, nach so einem riesigen Release, oder?


Das Ding ist, ich bin mega der Workaholic. Wenn ich in Berlin bin, dann arbeite ich jeden Tag, und das den ganzen Tag. Nach dem Release bin ich halt direkt wieder ins Studio gegangen, aber hab dann gemerkt, dass ich nicht direkt weiter powern kann. Damit ich nicht die ganze Zeit in diesem Kreislauf gefangen bin, bin ich jetzt hier.


Also um dich jetzt zum Urlaub und zum Chillen zu zwingen quasi?


Ja, voll. Aber auch diese ganzen Tik-Tok Sachen, die man ja jetzt immer machen muss, als Hipster (schmunzelt), fallen mir relativ schwer in Berlin. Da bin ich die ganze Zeit in meinem Kopf gefangen, weil ich an tausend Sachen denke und halt im Studio bin. Im Urlaub kann ich mich frei fühlen und dann auch sowas machen.

Dein Album trägt den Titel „555“. Was steckt hinter dieser Zahl und wieso hast du es so genannt?


Da geht es um Engelszahlen. Also, drei aufeinanderfolgende Zahlen ergeben eine Engelszahl und jede Nummer hat ihre eigene Bedeutung. Und 555 steht für Veränderung. Das passt einfach sehr gut zum Album, weil dahinter halt extrem viel Veränderung steckt. In meinem musikali-schen und privaten Umfeld, aber auch in meiner musikalischen Entwicklung. Es ist einfach ein neuer Abschnitt für mich.


Inwiefern ein neuer Abschnitt?


Weil ich mir gesagt hab, dass ich noch viel mehr in diesem ganzen Prozess drinstecken will. Ich wollte viel mehr selber produzieren, selber schreiben und alles mit meinen Jungs machen. So konnte ich einfach besser kontrollieren, wie es wird und mich abseits davon viel wohler in meiner Arbeitsumgebung fühlen. Das hat mir den ganzen Prozess nicht unbedingt leichter gemacht (lacht), aber ich hatte dann einfach ein liebevolles Umfeld, was schön war.


Ich hatte mir dein letztes Album „jung&naiv“ von 2019 nochmal angehört. Wenn man das mit „555“ vergleicht, dann kann man da einfach eine krasse Veränderung und meiner Meinung nach auch Entwicklung raushören. Da frag ich mich natürlich, wie diese Entwick-lung entstanden ist. Ist sie vielleicht das Ergebnis dieser Emanzipation, von der du gerade gesprochen hast?


Die ganze Industrie hat mich irgendwie dazu gebracht. Ich habe gemerkt, dass man mich immer mehr in dieses kantenlose Pop-Ding reinschleifen wollte. Ich liebe zwar Pop, aber ich liebe auch Kanten und Vielschichtigkeit. Das ist auf jeden Fall ein großer Teil meines Künstlerdaseins, den ich einfach nicht verlieren wollte. Also wusste ich, dass ich drastische Wege gehen, und ganz klar entscheiden muss, was ich wie möchte.

credits: Sven Zink


Drastische Wege, weil du keine Kontrolle mehr hattest über das was du machst?


Nicht unbedingt, ich habe mich einfach viel zu sehr dem hingegeben, was andere mir gesagt haben, weißt du? Man hat schon einen großen Erfolgsdruck. Es geht da auch um Geld, das investiert wird und so weiter. Ich habe einfach gemerkt, dass dieser Druck mich zu sehr unter Kontrolle hatte und ich zu viele Kompromisse eingegangen bin, was meine Musik angeht. Einmal habe ich dann neue Sachen von mir gehört und konnte mich gar nicht wiedererkennen. Da wusste ich, dass ich dringend was verändern muss.


Dann ist „555“ also das Resultat dieser Veränderung und des Wieder-zu-dir-findens, was aber nicht zwingend heißt, dass du dich als Künstler jetzt krass selbst gefunden hast, oder?


Voll. Ich habe mir jetzt ein Umfeld gebaut, mit dem ich auf eine für mich gesunde Art und Weise auf meiner Musik aufbauen kann. Das ist dieses Album für mich. Ein Schritt in eine richtige Richtung für mich als Künstler.


Aber wenn du sagst, dass du das jetzt alles mit deinen Homies machst, birgt das nicht auch Schwierigkeiten? Wenn Privates und Geschäftliches so unmittelbar miteinander zusammenhängen?


Ja, das war auf jeden Fall auch die größte Herausforderung. Weil dieses junge Umfeld auch erstmal professionalisiert werden musste. Die Jungs mussten erstmal begreifen, wie viel Arbeit hinter so einem Album steckt. Da muss man natürlich auch gewisse Fehler machen und aus denen dann wieder lernen, weißt du? Auch Fehler, die ich vielleicht vorher schon selbst gemacht hatte, habe ich sie dann machen lassen, damit sie daraus lernen.

Du hast sie da also ins offene Messer laufen lassen, damit sie selbst lernen, wie es funktioniert?


Ganz genau. Meine ganze Karriere ist halt learning by doing. Als ich angefangen habe, war ich 13 und ich wusste gar nichts. Dann hatte ich Erfolg und trotzdem war es genau dasselbe. Einfach ins offene Messer, sich verletzen, und dann aber schnell verarzten und beim nächsten Mal ausweichen. So funktioniert es nun mal.


Ist es diese „Kopf durch die Wand“ und „einfach mal machen“ Mentalität, die Sache, die dich als Künstler ausmacht? Oder was würdest du sagen, macht dich zu Noah Levi?


Ich glaube, das sind vor allem meine Stimme, meine Texte und die Art und Weise, wie ich an Musik rangehe. Also, welche Melodien und Genres ich kombiniere, das ist es, glaub ich. Aber vieles, womit man mich identifizieren soll, muss auch noch geschaffen werden. Also ich habe bei Weitem noch nicht das volle Potenzial hinter Noah Levi nach außen gearbeitet. Aber die Schritte werde ich noch gehen.

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