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  • AutorenbildSelli Hahn

THE FUTURE IS 2023 - Ein Festival voller Vorbilder

Ein persönlicher Konzertbericht von Selli Hahn


credits: Chiara Noemi Müller


Flutwelle steht nach wie vor dafür, Künstler:innen aus unterrepräsentierten Gruppen eine Plattform zu bieten. Vorrangig im Fokus stehen FLINTA* Artists.

Genau dasselbe Konzept verfolgen inzwischen immer mehr Veranstalter:innen, Booker:innen, Labels, etc. Der Fokus in der Musikindustrie hat sich allein im letzten Jahr sehr erweitert, was nicht heißt, dass das Ziel von Chancengleichheit für alle erreicht ist. Aber die Schritte in die richtige Richtung werden immer mehr.


Das Festival THE FUTURE IS setzt den Fokus auf FLINTA* Artists und bietet ihnen eine Bühne. Bereits im letzten Jahr hatte ich hierzu einen Konzertbericht verfasst, weil ich so begeistert von dem Konzept war. Umso schöner, dass es in diesem Jahr am vierten November eine zweite Ausgabe davon gab.

Dieses Jahr waren die Rising Stars am Zukunftshimmel Paulinko, Rahel, Marie Bothmer und Mola. Ein bunter Mix aus Künstlerinnen, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. In die man sich aber nur schockverlieben kann.


Ich packte an dem Abend meine Mitbewohnerin und meine beste Freundin ein und wir begaben uns auf den Weg in die kleine süße Stadt Erlangen.

Im E-Werk angekommen waren wir doch etwas überrascht, dass nicht gerade viel los war. Paulinko und Rahel warfen irgendwann auch die Frage in den Raum, ob bei einem männlichen Booking mit genau so viel Reichweite der Artists nicht mehr Leute gekommen wären? Auf diese Frage werden wir wohl nie eine Antwort bekommen, aber es ist wichtig, sie gestellt zu haben.


PAULINKO


„Hast du nen bisschen Zeit wir ficken heut das Patriarchat! Setzen der Scheiße jetzt ein Ende, sag bist du auch am Start?“



Wie könnte man ein Festival besser starten als mit einem Song, der diese Lyrics impliziert? Richtig, vermutlich gar nicht! Paulinko hatte mich bereits im März mit ihrer Single „Skandal im Patriarchat“ abgeholt und seitdem mehr und mehr in ihren Bann gezogen! Kluge Texte, energische Stimme, fetzige Beats und einfach eine krasse Bühnenenergie. Meine Freundinnen und ich waren uns danach einig, dass Paulinko bei ihrer Show gerade ein Workout der Extraklasse hingelegt hatte und das, obwohl sie leider an dem Tag angeschlagen war. Sie und ihre Drummerin machten das Publikum spätestens bei ihrem Song Turboheiss, richtig heiss für den Abend!

Wer die krasse Energie von Paulinko auch mal live erleben möchte, hat die Chance, sie als Support von Paula Carolina oder Tropikel Ltd. in nächster Zeit zu sehen.

Außerdem munkelt man, dass im nächsten Jahr neue Musik von ihr auf uns wartet!


RAHEL


credits: Chiara Noemi Müller

Die folgende Künstlerin ist mein persönlicher Geheimtipp für alle, die gerne poetische Musik zum Träumen hören und ganz ehrlich auch für die, die es nicht tun! Sie hat mich die letzten Monate durch jede Bahnfahrt getragen und mir gezeigt, wie vielfältig Sprache sein kann. Ganz egal, ob es nur eine Phase ist, sich in eine Frau zu verlieben oder die Vorstellung, dass alle vergessen, ob sie weiblich oder männlich sind. Rahel verpackt geschickt ihre Vorstellungen von einer besseren und offeneren Welt in ihren Songs und regt damit zum Nachdenken über aktuelle Gesellschaftsbilder an. Außerdem bewegt sich niemand so grazil und gleichzeitig so rockig und empowernd über die Bühne wie RadikalRahel (ihr Instaname, den ich sehr passend finde haha).

Rahel sagte danach über das Publikum Folgendes:

„Im Publikum waren fast nur FLINTA*, die großteils sehr jung waren. Ich bin irgendwie immer sehr gerührt von jungem Publikum, weil ich finde, dass das Leben oft sehr intensiv sein kann, wenn man noch ein Küken ist. Man hat sich noch keine Schutzhaut antrainieren können und die ist für diese komische, arge und lustige Welt wie diese es ist, ur wichtig.“

Rahels Musik hilft auf alle Fälle, sich diese Schutzhaut aufzubauen und zu erkennen, welchen fatalen Mustern diese Gesellschaft auch heute noch folgt.


MARIE BOTHMER


credits: Chiara Noemi Müller

Gegen Ende von Rahels Auftritt füllte sich der Raum immens für die zauberhafte Marie Bothmer. Sie und ihre Band konnten auch die letzten Personen auf den Sofas im Raum zum Aufstehen animieren! Maries Musik ist poppig, rhythmisch und voll mit Beats, die einen zum Tanzen bringen. Zwischen all dem findet sich aber immer wieder ein ruhiger und bedachter Song wie zum Beispiel Swimmingpool perfekt ein. Ihre Musik ist geprägt von Selbstzweifel bis hin zur Selbstliebe. Was besonders im Kopf geblieben ist, sind ihre Worte zu „wie du bist“ einem Song, der sich um den eigenen Körper dreht.

„Der eigene Körper ist nicht dafür da, um ein Accessoire zu sein.“, sagt Marie, bevor sie darüber singt, dass sie ihren Körper hoffentlich irgendwann lieben kann.

Ich war außerdem sehr beeindruckt von Maries Fans und der Liebe, die man im Raum spüren konnte. Bereits zu Beginn des Festivals übten ein paar Menschen die Lyrics von Limbo, einem noch unveröffentlichten Song der Künstlerin.

Also Shoutout an dich, Marie, dass du uns neue Songs präsentiert hast und den Raum mit so viel Energie und Lebensfreude gefüllt hast!


MOLA



Den krönenden Abschluss des Abends legte Mola mit ihrer Band hin und zog alle in ihrem Bann. Mola verfolge ich inzwischen schon seit langer Zeit sah sie bereits mehrmals live und um ehrlich zu sein, kann diese Frau einen nicht enttäuschen! Gegen Anfang des Sets zettelten die Künstler:innen einen Moshpit an, der alle Hüllen fallen ließ. Selbst wenn man kein:e Kenner:in der Musik ist, reißen die rockigen Gitarrenriffs und ihre kratzige Stimme mit und bringen einen spätestens bei „Wenn du springst“ zum Springen und Gedanken loslassen. Mola ist eine Mischung aus Trennungsschmerz, Melancholie und neu verlieben in das Leben. „Das Leben ist schön“ ist der Titelsong ihres gleichnamigen Albums, welches Anfang September veröffentlicht wurde. Wer dieses schöne Leben in vollen Zügen genießen will, sollte sich eine Show von Molas Tour auf keinen Fall entgehen lassen!


GEDANKEN DANACH


Ich bin danach mit einem großen Strahlen nach Hause gefahren und hab erst mal noch ein paar Tage über diesen Abend nachgedacht. Auf der Rückfahrt im Auto habe ich mit meinen Friends ganz laut andere FLINTA* Acts gehört und gefeiert und mir ist mal wieder aufgefallen, wie schön und divers jeder einzelne Artist für sich ist.


Alle Frauen, die an diesem Abend auf der Bühne standen, sind auf ihre Art und Weise revolutionär für die immer noch sehr männlich geprägte Musikszene! Jede dieser vier Künstlerinnen ist ein Vorbild für andere FLINTA* Personen, die sich vorher niemals getraut hätten auf eine Bühne zu gehen oder sich kreativ auszuleben. Zu erkennen, dass man sich selbst am allermeisten lieben sollte, dass das Patriarchat irgendwie scheiße ist, längst überholt sein sollte und so vieles mehr.

Diese vier Artists sind nicht alles, was die Musikszene an FLINTA* und anderen unterrepräsentierten Gruppen zu bieten hat! Sie sind nur ein Auszug davon, wie divers und vielseitig Musik und Kunst sein kann und auch dafür, dass es in 2023 einfach nicht mehr zählt zu sagen: „Aber es gibt doch keine coolen female artists, die ich buchen kann.“

Doch und ob es die gibt! Also hört auf mit dieser Ausrede in Festival Line-Ups, bei Tourbookings, Supportshows, Ausstellungen und allen anderen Dingen in der Musik-, Kultur- und Kreativindustrie!


Wir sind allerdings auch nicht für die Quote da, sondern wir wollen wie jede andere Person auch gesehen, gehört und akzeptiert werden!

Ein großes DANKE geht an alle FLINTA* die helfen, dass man sich verstanden fühlt und die einander supporten! <3

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