top of page
AutorenbildJule Detlefsen

Luke Noa: "Das ist gleichermaßen beängstigend, wie es schön ist"

Luke Noa im Interview mit Jule Detlefsen

credits: Dominik Friess


Es ist nun fast genau ein Jahr her, als ich Luke Noa kurz vor seiner Reise nach Neuseeland in einem Berliner Café treffe, um über seine EP "Wide Awake" zu sprechen. Voller Vorsätze, großer Ideen und ein wenig Leichtsinn versucht er mal ganz ohne Plan in 2023 zu gehen.

Genau 331 Tage später sitze ich in Lukes WG-Küche und der planlose Plan scheint aufgegangen zu sein. Mit innerem Abstand zu sich selbst, dem Mut, neue Dinge zu wagen und viel neuerlernter Geduld ist der Musiker ziemlich genau da, wo er vor einem Jahr sein wollte. Und so verstreut er im Interview immer wieder Lebensweisheiten, die ganz schön weise für einen 25-Jährigen sind.


Bei Luke Noa ist viel passiert. Vor allem im Kopf, aber auch musikalisch. Mit seiner im Dezember erscheinenden EP "NYLON" geht er Ende November gemeinsam mit The Crush auf Tour. Wie die EP entstanden ist, warum 2023 so prägend für den Musiker war und welche Musik er dabei gehört hat, erzählt er mir im Interview.


Letztes Jahr hast du gesagt: "2022 war ein gutes Jahr, aber kein angenehmes Jahr“ - war es 2023 angenehmer?


Es war ein angenehmes Jahr, aber kein gutes Jahr (lacht.) Nein, es war auf jeden Fall angenehmer als letztes Jahr und es war vor allem richtig schön. Zum Ende des Jahres merke ich, wie so ein paar neue Fragen aufkommen, aber es war sehr, sehr gut.


Januar - Wir starten mal wie vor einem Jahr mit der exakt gleichen Frage: Was hast du dieses Jahr zum ersten Mal gemacht?


Ich hab gesurft in Neuseeland. Ich spiele meine erste Headline-Tour. Ich spiele zum ersten mit einer Band, die nur aus Sängerinnen besteht, was auch besonders ist.



Februar - Für dieses Jahr hattest du dir vorgenommen, mehr für deine eigenen Bedürfnisse einzustehen. Wie gut hat das geklappt?


Gut, würde ich sagen. Das hat auch seine eigenen Kosten dafür, dass man für sich einsteht. Aber ich habe generell Entscheidungen getroffen, die super schön waren und die mich weiter gebracht haben.

Also hat es sich gelohnt, den Kampf gegen den inneren People Pleaser einzugehen?


Ich glaube, es lohnt sich immer für sich selbst einzustehen. Ich glaube, dass es sehr spannend ist, wenn man die Reise nach innen wagt und da auf seine innere Stimme hört. Dann ist man konfrontiert mit Entscheidungen, die man treffen muss, die nicht leicht sind. Aber die bringen einen immer weiter.



März - Im März warst du immer noch in Neuseeland. Was hast du auf der anderen Seite der Erde gefunden, was du bis dahin nicht in Berlin gefunden hast?


Geduld. Vor allem Geduld als Musiker, Songwriter und als kreative Person. Man muss mit Geduld und Güte an Sachen rangehen. Dann wird es fast immer schöner und besser, als man es sich hätte hinkrampfen können. Berlin ist eine Stadt, in der sehr viel passiert. Aber dieses Mithalten und Hinterherkommen ist nicht immer nachhaltig und vor allem nicht spannend. Den Platz zu haben, um Geduld zu finden, da entstehen spannende Sachen. Da ist auch die neue EP entstanden.



April - An dieser Stelle ging es letzten Jahr um dein Lieblingsmusikvideo. Deine aktuellen Musikvideos sind sehr viel reduzierter im Gegensatz zu denen deiner letzten EP "Wide Awake". Wie kam es zu dieser Entscheidung?


Also es gibt zwei Gründe. Das eine ist schlichtweg Budget, weil Musikvideos sehr teuer sind. Ich liebe es, aufwendige Musikvideos zu machen, aber es ist halt nicht immer möglich und es hätte auch nicht zu den Songs gepasst. Wie die Videos und auch die Musik extrem reduziert sind. Ich habe zum ersten Mal alles selbst gemacht - selbst geschrieben und selbst aufgenommen. In diesem DIY-Vibe sind auch die Videos entstanden. Die eine Hälfte ist auf einem iPhone entstanden und die andere Hälfte auf einer VHS Kamera.



Mai - Im Mai warst du wieder zurück in Deutschland. Ich könnte mir vorstellen, dass man ein bisschen Fernweh bzw. Heimweh nach dem neuen Zuhause in Neuseeland hat. Was oder wen hast du dieses Jahr vermisst?


Ich glaube, was ich vermisse, seitdem ich zurück bin, ist der Abstand zu den Dingen. Dieses Gefühl, so weit weg zu sein von - ich meine jetzt gar nicht von der Arbeit oder oder den gewohnten Lebensumständen - sondern von der Person, die man ist. Wenn du alleine reisen gehst, dann bist du in einem anderen Umfeld und so auf dich gestellt, dass du dich selbst neu kennenlernst.

Du bist ja immer noch du selbst, aber dieser Abstand ist so abgefahren schön. Das vermisse ich schon.


credits: The Ocean I Am


Juni - Ich habe dich letztes Jahr gefragt, was du in 2023 Neues gelernt hast. Da fiel dir nichts so richtig ein und du meintest, dass es Zeit wäre, etwas Neues zu lernen. Jetzt die große Frage, hast du dieses Jahr etwas gelernt, was du letztes Jahr noch nicht konntest?


Surfen? (lacht.) - Aber ne, ich habe dieses Jahr gelernt, dass man diesen inneren Schalter hat und man sich sagen kann: „Ich schaffe das“. Das kann alles sein von ich schaffe es, dieses Ikea Regal aufzubauen, zu ich schaffe es, dieses Magazin zu eröffnen, zu ich schaffe es, diese EP selbst zu machen. Und Surfen habe ich eben gelernt und da war da ebenfalls der Punkt. Ich kann weder Skaten noch Inline Skates fahren, alles war Rollen hat liegt mir nicht. Und da zu sagen, ich mache das jetzt einfach und lerne surfen. Diese initial Angst, die man davor muss man einfach überwinden.



Juli - Im Juli hast du „Where do we go now“ von Gracie Abrams gecovert - Wohin führt dich dein Leben gerade?


Dieses Jahr wage ich viel. Wie beispielsweise die EP. Ich habe eine Band, die aus Schweden kommt, was wirtschaftlich überhaupt keinen Sinn ergibt. Aber dieses Jahr bin ich voll ins kalte Wasser gesprungen. Wenn du viel wagst, bekommst du auch viel zurück, aber du bist auch oft am Zweifeln. Ich glaube aber dass dieses Jahr schön zu Ende gehen wird und damit auch ein kleines Kapitel enden wird - mit der Reise, der EP und jetzt der Tour.

Und Where do we go now? - Ich bin auf jeden Fall am Debütalbum - das ist in der Mache. Ich bin aber offen für alles, es kann alles passieren nächstes Jahr und ich schaue einfach, was kommt. Das ist gleichermaßen beängstigend, wie es schön ist.


Das ist voll schön, weil du letztes Jahr im Interview immer wieder gesagt hast, dass du ein ganz kontrollierter Typ bist und versuchen möchtest, das abzulegen.


Ja, das habe ich krass gewonnen. Ich glaube fest daran, dass, wenn man sein Bestes tut, sich ganz viele Dinge automatischen dadurch eröffnen.


So wie das Lied vom Scheitern von den Ärzten „Du bist immer dann am Besten, wenn’s dir eigentlich egal ist“.



August - Im August kam dann deine erste Single „Flights Of Birds“ nach der EP letzten Jahres raus. Der Sound ist reduzierter und sanfter geworden. Du hast letztes Jahr gesagt, dass du wieder Musik für dich selbst machen wolltest. Ist die das ein Resultat daraus?


Zu 100 % Prozent. Es war ein kleines Experiment, alles selbst zu machen. Die EP ist bewusst reduziert und sie hat bewusst ihre Imperfektionen und ihre Längen. Das habe ich bewusst - man muss es heute leider einfach so sagen - in Kauf genommen. Das ist das Schöne, wenn man für sich Musik macht, dann nimmt man dieses Risiko oder diese kreativen Wagnisse in Kauf. Dann macht man nicht Kunst auf Nummer sicher und das finde ich extrem wichtig.


September - Im September folgte dann der Song „It’s Better“ - was ist dieses Jahr besser geworden?


Ich hatte dieses Jahr ein paar Live-Shows mit Curtis Harding und Matt Corby und jetzt auch mit der Tour, die ansteht. Ich habe das Gefühl, dass es besser geworden ist, dass ich weiß, wer ich auf der Bühne sein will und auch als Künstler. Dass ich meine Stärken mehr kenne und meine Schwächen mehr kenne. Das ich habe mich mehr gefunden und auch mehr gefunden, was ich repräsentieren will. Das ist voll schön.



Oktober - Danach kam deine Single „Holding Hands“ - Letztes Jahr habe ich gefragt, für welche Begegnung du besonders dankbar warst. Dieses Jahr frage ich dich, für welche bestehende zwischenmenschliche Beziehung du dieses Jahr besonders dankbar bist?


Ich glaube, das ist tatsächlich mein Manager Tim. Zum ersten Mal habe ich da jemanden, der mich zu den richtigen Dingen ermutigt. Daran will ich festhalten. Ich finde es so schwierig heute als Künstler:in kreative Risiken einzugehen. Aber ich glaube, wenn man dieses Risiko eingeht, kommt man eher zu seiner wahren Qualität.



November - Ende des Monats steht deine Tour zusammen mit The Crush aus Stockholm an. Letztes Jahr hast du an dieser Stelle eine wilde Anekdote aus einem schwedischen Backstage erzählt. Du warst dieses Jahr wieder in Stockholm. Was ist die beste Story des diesjährigen Stockholm-Trips?


Das ist jetzt ein bisschen cheesy. Aber der schönste Moment war, als ich das erstmal mit den Mädels die Songs der EP gespielt habe. Das war das erste Mal, dass die Songs so eine ganz neue Dimension bekommen haben. Ich wollte auch eigentlich die EP mit denen aufnehmen, aber das ging ja nicht, weil die nicht mehr in Berlin wohnen und da habe ich die Songs das erste Mal so gehört, wie ich sie mir auch immer vorgestellt habe.



Dezember - im Dezember kommt dann die EP „NYLON“ und du bist durch mit deiner Tour. Für was wird dir 2023 in Erinnerung bleiben?


Ich glaube, es wird in Erinnerung bleiben, als ein Jahr der Erneuerungen und ein Jahr, indem ich mich viel getraut habe. Ein Jahr das hat mich sowohl menschlich als auch künstlerisch weitergebracht. Das ist so mein innerer Erfolg.


Was erhoffst du dir von 2024? und was ist der passende Soundtrack dafür?


Ich erhoffe mir, dass ich sehr viel mehr live spielen werde. Und ich bin einfach gespannt auf den kreativen Prozess ein Album zu machen. Das wird sehr aufregend.


credits: Timothy Sullivan

Comments


bottom of page