Die schwedische Musikerin Paula Jivén fängt gerade erst an und hat jetzt schon einen der beliebtesten Werbedeals der Branche abgestaubt. Ihr Song "Say That" ist der aktuelle Vodafone-Soundtrack und gibt Paula endlich die Aufmerksamkeit, die sie verdient. Trotz ihres jungen Alters hat sie schon viel erlebt. Mit 13 ergatterte sie bei der Show "Sweden's Got Talent" den goldenen Buzzer und ist seitdem in der Musikwelt zu Hause. Nach vereinzelten Song kommt nun am 6. Mai ihre Debüt-EP "The Duality In Me".
Ich hatte die Möglichkeit, Paula persönlich in Berlin zu treffen. Im Interview haben wir über ihre Erfahrungen als junge Frau in der Musikszene, über Vorbilder aus Cartoon-Serien und über die persönlichen Geschichten hinter ihrer Songs gesprochen. Ihre ehrlichen und ungefilterten Antworten beeindruckten mich nachhaltig. Gepaart mit ihrem fröhlichen und frischen Gemüt zeigte Paula, wie wunderbar normal sie trotz des ganzen Trubels geblieben ist.
Hi Paula, wie geht es dir heute?
Sehr gut. Ich hatte einen wirklich guten Schlag. Gestern war ein intensiver Promo-Tag. Ich hatte mein erstes live übersetztes Radiointerview. Das war sehr interessant. Es hat Spaß gemacht, aber ich bin jetzt ein bisschen müde.
Bist du das erste Mal in Berlin? Gefällt es dir bis jetzt?
Es ist mein zweites Mal. Ich war schon im August hier. Ich habe wirklich viele Leute kennengelernt. Es gefällt mir sehr gut. Ich denke, Berlin ist eine der besten europäischen Städte. Ich habe das Gefühl, dass die Kunst hier so lebendig ist. Diesmal hatte ich keine Gelegenheit, ein Museum zu besuchen, aber als ich das letzte Mal hier war, haben wir viel Kunst gesehen, und vieles davon hat mich bewegt.
Wenn du der 13-jährigen Paula sagen könntest, was noch so auf sie zukommt, was würde sie sagen?
Ich denke, sie wäre stolz, aber sie wäre auch überrascht. Ich glaube nicht, dass ich es jemals gewagt habe, die Messlatte so hoch zu legen. Ich weiß noch, dass ich davon träumte, ein Profil auf Spotify zu haben. Das war mein Traum. In der Lage zu sein, meinen Namen zu suchen, und dass ich dort dann bin. Ich glaube also, sie wäre sehr stolz auf mich.
Ja, das wäre sie ganz bestimmt. Wie waren deine bisherigen Erfahrungen als junge Frau in dieser bisher von Männern dominierten Musikindustrie?
Ich glaube, ich bin sehr gut geschützt worden. Als ich das erste Mal bei einem Verlag unter Vertrag genommen wurde, war das eine junge Frau. Wir haben also viel darüber gesprochen. Ich glaube, sie hat mich sehr beschützt und mich in Räumen untergebracht, von denen sie wusste, dass ich dort sicher bin. Aber natürlich habe ich viele Geschichten über Leute gehört, die in solchen Sessions waren und ich hatte auch ein paar davon. Weist du, wenn da ein etwas älterer Mann ist, der meint, er wüsste viel besser Bescheid als ich... Das kann frustrierend sein. So weit sind wir noch nicht, aber wir können daran arbeiten. Ich bin sehr optimistisch, was Feminismus in der Musikindustrie angeht, denn es geht um Kunst. Ich glaube, die Leute, die bleiben werden, sind Leute, die das wertschätzen.
Das ist ein sehr schöner und hoffnungsvoller Gedanke. Kommen wir zu deiner Single "Breaking Up With A Friend" Am Anfang deines neuen Musikvideos sieht man Ausschnitte aus verschiedenen Zeichentrickserien. Welche Zeichentrickfigur wolltest du schon immer mal sein?
Das ist eine gute Frage. Die Sache ist die, dass wir keinen Fernseher hatten, als ich ein Kind war. Wenn wir aber im Haus meines Großvaters waren, haben wir immer gesagt, dass wir draußen spielen waren, aber in Wirklichkeit saßen wir nur vor dem Fernseher. Wir waren so etwas wie die Lieblingsenkel. Wir saßen also den ganzen Tag da und sahen fern. Ich glaube, ich habe Phineas und Ferb wirklich gerne gesehen. Ich glaube, ich habe mich wirklich in Ferb wiedererkannt, der stille Typ, so wie ich es eben war. Ich war ein sehr schüchternes Kind und dann habe ich mich irgendwie in Phineas verwandelt. Ich bin mir nicht sicher, wie ich das gemacht habe (lacht).
Ich wollte schon immer das Gothic Mädchen aus den Cartoons sein. Aber jetzt sitze ich hier mit langen blonden Haaren, es hat also nicht geklappt, aber das ist okay.
Ist es schwieriger, mit einer Freund:in Schluss zu machen oder mit einem Partner?
Ich glaube wirklich, dass das zwei sehr unterschiedliche Dinge sind. Ich glaube, dass es so schwer ist, weil es keine Medien darüber gibt. Es gibt nichts, was man konsumieren kann. Wenn man eine Trennung durchmacht, sucht man einfach auf Spotify nach "Trennung" und hat dann ungefähr 5000 Playlists, die man sich anhören kann. Es gibt so viele Filme darüber, so viele Bücher. Aber wenn du dich von einem Freund trennst, hast du das Gefühl, dass deine Gefühle fast nicht richtig sind, weil niemand darüber spricht. Es ist so ein schwieriger Prozess, denn in einer romantischen Beziehung hat man so etwas wie einen Deal. Es gibt Dinge, zu denen ich meinem Partner gegenüber verpflichtet bin und wenn ich das nicht tue, dann haben wir einen Konflikt. In einer Beziehung mit einem Freund hingegen gibt es nichts, was besagt, dass es eine Vereinbarung geben muss. Ich glaube, das kann sehr schmerzhaft sein, weil es nichts gibt, an das man sich wenden kann. Das war auch einer der Gründe, warum ich diesen Song geschrieben habe. Als ich das durchgemacht habe, habe ich mir gedacht: Das nächste Mal, wenn jemand so etwas durchmacht, hoffe ich, dass er wenigstens meinen Song hat.
Deine Single 'What are you hungry for?' ist wichtig, denn die darin angesprochenen Themen spiegeln die Realität vieler Menschen wider, vor allem von Mädchen im Teenageralter. Dennoch wird in der Gesellschaft nicht genug darüber gesprochen. Wie war es, einen Song über ein so persönliches Thema zu schreiben?
Etwa alle drei Monate oder so, passiert etwas und ich habe das Gefühl, dass ich darüber schreiben muss. Breaking Up With A Friend war einer dieser Songs und What are you hungry for? war auch einer dieser Songs. Ich glaube, das war vielleicht der vierte Song, den ich zu diesem Thema geschrieben habe, und es war das erste Mal, dass ich das Gefühl hatte, okay, das ist der Blickwinkel, den ich haben will. Der Song ist für eine Freundin, die mit einer Essstörung kämpft. Ich denke, es gibt so viele Möglichkeiten, wie man das angehen kann, denn natürlich kann man sagen: "Du bist so schön, fühl dich nicht so", aber das wird niemandem helfen. Es gibt diesen Konflikt und man möchte etwas daraus machen und etwas lösen. Die Hälfte der Arbeit besteht darin, herauszufinden, welchen Blickwinkel ich auf die Sache haben will. Also habe ich mich in einer Session hingesetzt und wir haben einfach darüber gesprochen. Lauren hat mir unglaublich geholfen, herauszufinden, in welche Richtung ich das Ganze bringen will. Es hat lange gedauert, den Text zu schreiben, wie immer bei mir, aber ich glaube, es war mir sehr wichtig, etwas zu sagen. Ich denke, es ist relevant und etwas, das man hören kann, wenn man das durchmacht, denn es ist kein Song über: "Warum fühlst du dich so? Du bist wunderschön. Fühl dich nicht so" Es ist eher ein Lied wie: "Ich glaube nicht, dass du das verdienst, und wenn du es durchgestanden hast, werde ich natürlich die ganze Zeit für dich da sein", aber ich bin natürlich auch kein Experte.
Hattest du Angst, den Song zu veröffentlichen?
Ich glaube nicht, dass ich Angst hatte, aber es war mir sehr wichtig, es auf die richtige Weise zu tun. Ich und meine Freundin, über die ich den Song geschrieben habe, haben viel darüber geredet. Ich hätte den Song nie ohne ihren Segen veröffentlicht. Es war mir auch wichtig, zum Ausdruck zu bringen, dass ich keine Essstörung habe. Ich weiß nicht, wie das ist. Ich möchte mich nicht in den Mittelpunkt der Diskussion stellen. Ich denke, es ist wichtig, darüber zu reden. Für mich war es auch wichtig, dem Thema eine Plattform zu geben und etwas Licht ins Dunkel zu bringen.
Es ist so ein toller Song. Ich finde er ist super wichtig und viele Mädchen werden sich leider damit identifizieren können.
Ja, und Jungs natürlich auch.
Dein Song "Say That" ist jetzt der Soundtrack zur neuen Vodafone-Werbung, das ist eine ganz schön große Sache! Frühere Vodafone-Soundtracks sind immer große Hits geworden. Kannst du uns mehr darüber erzählen, wie du auf diesen Song gekommen bist?
Ich war 2020 auf einer Schreibreise in L.A., direkt vor der Pandemie, es war also ein anderes Leben. Ich war dort und ich hatte mich so darauf gefreut, dorthin zu gehen, mit all diesen tollen Leuten zu schreiben, diese unglaublichen Labelbüros zu sehen, das war alles sehr, sehr groß. Und dann, als ich dort ankam, war ich natürlich sehr aufgeregt, aber ich hatte auch diese Angst, dass ich nach ja wieder Hause gehen muss. Ich bin nur ein oder zwei Wochen hier. Ich konnte es nicht genießen, aber ich hatte auch das Gefühl, dass ich das nicht ausdrücken konnte. Ich konnte meinen Freunde nicht anrufen und sagen: "Du bist wieder in der Schule und ich bin hier in L.A. und lebe mein Traumleben, aber weißt du was? Es ist scheiße." Ich fühlte mich schrecklich. Genau das ist der Aufhänger. Ich soll das nicht sagen - ich habe all diese Dinge und bin trotzdem nicht glücklich.
Können wir dieses Jahr neue Musik von dir erwarten?
Natürlich können wir das. Ich habe eine neue Single am Start und damit auch meine Debüt-EP. Das ist also etwas, worauf man gespannt sein kann, und danach werden wir sehen.
Ja klar, nimm dir die Zeit.
Ich bin die Art von Musikerin, die es liebt, vorbereitet zu sein. Ich möchte nie in die Situation kommen, dass ich den nächsten Song schreiben muss. Ich möchte in der Lage sein, zu meinem Label zu kommen und zu sagen: "Ihr wollt die nächste Single? Hier sind fünf." Das ist die Art von professioneller Beziehung, die ich haben möchte. Ich weiß nicht, vielleicht möchte ich irgendwann in einer Position sein, in der ich sage: "Wisst ihr was? Es ist an der Zeit, ein Album zu schreiben". Vielleicht ist das etwas, das ich irgendwann tun möchte. Ich habe eine Menge Musik, die ich veröffentlichen möchte.
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