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AutorenbildSelli Hahn

anaïs im Interview

Ein Name, um den man langsam nicht mehr herumkommt, ist der von Anaïs. Die 21-Jährige spielte in den letzten Monaten Support bei den Giant Rooks sowie bei Nina Chuba und spielte sich so direkt in die Herzen einiger Leute.


Ihre Musik ist leicht wie eine Feder und beim Hören verfällt man in eine Traumwelt, aus der man am Liebsten nicht mehr raus möchte. Die Worte fließen nur so ineinander, die Sounds sind leicht und perfekt für den Sommer oder ruhige Abende zu Hause. Den Stil ihrer Songs könnte man wohl als Dream Pop bezeichnen. Die Musikvideos sind perfekt auf jeden Song abgestimmt und geben ein Gesamtkunstwerk, welches mit einer anspruchsvollen Ästhetik verbunden ist.


Im Interview haben wir unter anderem über ihren musikalischen Werdegang, warum sie so gerne auf Tik Tok ist, ihre Single "uh baby" und das dazugehörige Musikvideo gesprochen.

Hi Anaïs, magst du ein bisschen was zu deinem musikalischen Werdegang erzählen?

Voll gerne, das muss ich jetzt aber selbst erstmal kurz sortieren. Ich komme aus einer Familie, die gar nicht musikalisch geprägt ist. Bei uns spielt niemand ein Instrument oder so. Wir haben immer sehr gerne Musik gehört, daran erinnere ich mich gut, aber als Hobby hat niemand von uns langfristig ein Instrument gespielt oder gelernt. Dann habe ich damals so ca. in der 6. Klasse angefangen, mich für den Chor und die Schulband zu interessieren und habe mich da dann auch integriert. Einer meiner Lehrer hat dann recht schnell bemerkt, dass ich wohl eine recht gute Solostimme habe und so hat es dann angefangen, dass ich mich mehr und mehr getraut habe, vor Publikum bei z. B. bei Schulevents zu singen. Da habe ich immer total viel positive Rückmeldungen zu meiner Stimme bekommen, das war super wichtig und schön! Auf der Bühne stehen mochte ich sowieso schon immer, je älter ich wurde, desto öfter habe ich das dann auch gemacht, aber nie in einem professionellen Rahmen. Also ich habe nie Songs geschrieben, sondern es war einfach der Spaß am Singen. Während der Quarantänephase war man komplett auf sich gestellt und musste plötzlich auf andere Dinge zurückgreifen als Rausgehen und sich mit Freunden treffen oder so. Dann war ich mit meinem damaligen Freund in Quarantäne, wir haben ganz viel Musik gemacht und der hat mir dann geholfen, einen Song zu schreiben und zu produzieren. Aus Spaß habe ich den veröffentlicht und aus dem Spaß wurde dann doch recht schnell etwas Ernstes und deswegen mache ich das bis heute noch. Um mich herum hat sich ein Team gebildet und dann ist das ganze Projekt professioneller geworden und ich habe weiterhin selbst Songs geschrieben.

Voll schön, ich finde, das ist echt eine voll interessante Geschichte. Du hättest wohl nie damit gerechnet, dass du während des Lockdowns einen Song veröffentlichst und der dann auch noch gut ankommt oder?

Ne, wirklich absolut nicht! Eigene Songs schreiben war davor ja nie ein Hobby von mir. Ich habe zwar immer schon Geschichten und Gedichte geschrieben, aber nie in dem Rahmen, dass ich das in einen Song packe. Wahrscheinlich habe ich mich einfach nie getraut. Es gibt schon so viele Leute, die Worte so gut in Songs verpacken können, wieso sollte ich das jetzt auch machen?

Bei dem ersten Song habe ich dann recht schnell gemerkt, dass es echt viel Spaß macht und wenn ich gut schreibe, viel Inhalt und Gefühl in ganz wenig Zeit packen kann. Dadurch ist das Ganze dann ins Rollen gekommen.

Du klangst gerade auch total happy, während du das erzählt hast. Wenn du dich entscheiden müsstest - was macht dir mehr Spaß: Songs schreiben und produzieren oder live auftreten?

Bis vor einem dreiviertel Jahr habe ich noch nie live gespielt, da hätte ich zu hundert Prozent gesagt: Songs schreiben und im Studio sein. Einfach, weil ich Lampenfieber vor den ersten Auftritten hatte. In gewisser Weise macht man sich nackt vor dem Publikum und das erfordert schon viel Mut. In dem Prozess im Studio und beim Schreiben kann man sich total selbst verwirklichen und in Ruhe an Songs arbeiten. Inzwischen würde ich das beides auf eine Ebene stellen und kann mich da auch wirklich nicht entscheiden. Der Prozess ist so cool und man hat die Möglichkeit, so viele Emotionen reinzupacken, gleichzeitig diesen Song am Ende zu performen und zu sehen, wie Menschen darauf reagieren, mittanzen und etwas fühlen. Da merkt man erst, dass man mit seiner Musik etwas bewegt und das ist einfach so ein krasses Gefühl.

Ich finde es immer total spannend, wenn Leute so erzählen, wenn sie auf der Bühne stehen, dass es das krasseste Gefühl ist, wenn Leute die Texte mitsingen und etwas fühlen. Irgendwie kann man sich das gar nicht so richtig vorstellen, wenn man nicht Musik macht. Deswegen finde ich es immer voll spannend, was Leute für unterschiedliche Wahrnehmungen zu Liveauftritten haben. Du hast vor ein paar Wochen deine Single „Uh Baby“ veröffentlicht und ich finde sowohl der Song als auch das Video laden einen zum Träumen. Kannst du für unsere Leser:innen einmal kurz erzählen, worum es in dem Song geht und was er für dich persönlich bedeutet?

Ich habe den Song letzten Sommer geschrieben und ich bin damals durch eine Trennungsphase gegangen. Die Trennung verlief sehr friedlich und wir waren beide d’accord damit, dass es vorbei ist. Ich war natürlich traurig, aber ich hatte das Gefühl ich habe den richtigen Menschen oder jemanden, der mir wichtig ist und viele schöne

Gefühle vermittelt hat, einfach zum falschen Zeitpunkt kennengelernt, weil ich zu dem Zeitpunkt einfach nicht den Kopf dafür hatte oder die Zeit. Ich wollte genau das in dem Song ausdrücken. Die Lyrics sind eher melancholisch oder verabschiedend, aber trotzdem total dankbar. Der bouncy Beat darunter soll einem das Gefühl geben, dass das Leben trotzdem weiter geht und man auch glücklich sein kann und darf. Der Song steht sinnbildlich für die Phase: Tschüss und Abschiede fallen schwer – ich freu mich auf die Zukunft und alles, was auf mich wartet!

Ich finde das Video dazu wirklich wunderschön, kannst du sagen, wo ihr das gedreht habt und wie der Dreh so im Gegensatz zu den anderen Videos für dich war?

Wir haben das in Paris gedreht und an dem Dreh waren wirklich nur Freund:innen beteiligt. Generell muss ich sagen, die Leute, mit denen ich an anderen Musikvideos gearbeitet habe, sind inzwischen auch Freunde geworden. Bei dem Dreh waren es aber wirklich nur enge Freunde. Mein Mitbewohner ist Foto- und Videograf und der ist mit uns nach Paris gekommen. Mein Freund hat mit mir vor der Kamera gestanden und es war nochmal eine ganz andere Art von Vertrautheit. Es war wirklich ein natürlicher Fluss von Dingen. Da war nichts gescripted oder so. Jeder Moment, der für das Video entstanden ist, wurde natürlich eingefangen. Mein Manager und ein sehr guter Freund von mir haben Regie geführt und es waren noch Freundinnen von mir dabei. Hat sich alles angefühlt wie ein kleines Familienerlebnis in Paris und es war so schön. Das war einfach traumhaft, weil im März auch die Sonne so schön geschienen hat und es sich richtig nach Frühling angefühlt hat.

Das mit dem Familienausflug klingt wirklich schön und entspannt. Bei deinen anderen Videos hast du wahrscheinlich eher mit Leuten zusammengearbeitet, die du noch nicht kanntest, oder?

Ja, genau, eigentlich habe ich inzwischen auch ein mehr oder weniger festes Team um mich herum, mit dem ich super happy bin und mit denen ich mich menschlich auch super verstehe. Wir haben auch meine ersten paar Videos zusammen gedreht.


Aktuell hast du 7 Singles veröffentlicht. Wenn dich jemand noch nicht kennt, welche Single sollte die Person deiner Meinung nach als Erstes hören und wieso?

Ich glaube tatsächlich „uh baby“, weil der, wie ich eben schon meinte, die Kontroverse zwischen dem melancholischem oder vielleicht etwas profunderen Lyrics perfekt darstellt. Also die Lyrics, welche von Herzen kommen und mit denen ich versuche, eine ehrliche Geschichte zu erzählen. Verpackt in etwas, was Musik ausmacht, was nicht traurig ist, dich ablenken soll und wo du einfach mitwippst. Ich glaube, meine Musik holt zum einen die Leute ab, die eine gute Zeit haben wollen, wenn sie das hören und die Leute, die auch gerne auf Texte achten. Die bekommen dann einen ganz kurzen Einblick in mein Leben und können sich damit vielleicht sogar identifizieren.

In deinen Singles geht’s viel um Liebe, Trennungen und Beziehungen an sich. Sind die Sachen, über die du da singst, alle autobiografisch oder schreibst du z. B. auch über Geschichten von deinen Freunden?

Ich liebe es, in die Selbstreflexion zu gehen oder mit Leuten über Gefühle und Emotionen und so ein bisschen tiefgründigere Sachen (eigentlich will ichs nicht sagen, weils so pathetisch klingt, aber ich habe gerade kein besseres Wort) zu philosophieren. Was in deren Leben wirklich passiert, ihre wahre Gefühlslage und ich glaube so Konversationen über deren Gefühle oder meine eigenen inspirieren mich manchmal. Dann habe ich so eine ganz bestimmte Situation oder ein bestimmtes Ausgangsgefühl als Grundlage für einen Song und das muss dann überhaupt nicht von mir kommen. Ich versuche mich dann manchmal auch in die Situation oder das Gefühl hineinzuversetzen, welches ein anderer Mensch oder ich selbst mal hatte. Es ist quasi eine Mischung aus allem, teilweise autobiografisch und teilweise inspiriert durch andere.

Du meintest das ja vorhin bei „uh baby“ schon: Es sind einfach Situationen, mit denen man sich teilweise echt identifizieren kann und das macht das Hören so einfach und angenehm. Sprichst du mit deinen Freunden viel über deine Musik?


Das kommt drauf an welche Freunde es sind. Freunde, die ich nicht über den Kontext der Musik kennengelernt habe oder mit denen im Rahmen der Musik abhänge, mit denen rede ich nicht so viel darüber. Klar, werden da manchmal Fragen gestellt oder wenn irgendwas Besonderes passiert ist, dann teile ich das auch mit denen. Ich habe aber oft das Gefühl, dass, wenn ich mit Außenstehenden, also Leuten, die nicht in der Musikbubble drin sind, über sowas rede können, die das nicht so ganz nachvollziehen. Das ist ja auch total logisch. Vieles verlangt ja, dass du in der gleichen Welt lebst, um dich mitzufreuen oder mitzutrauern. Ich würde den Menschen auch niemals alles aufdrücken, weil es teilweise wirklich viel ist. Da würde ich Tag und Nacht mit denen über so Microinformationen sprechen und das Gespräch total monopolisieren. Das wäre schon super unangenehm. Deswegen lasse ich das lieber in dem Rahmen von Leuten, mit denen ich im musikalischen Kontext zusammenarbeite und das ist super schön, weil die das auch nachvollziehen können.

Ja total verständlich. Das kennt ja jede:r irgendwie, man hat irgendwie wenig Freund:innen, mit denen man wirklich alle Interessen gleichermaßen teilt und ganz oft kennt man Leute aus einem bestimmten Kontext. Wir haben vorhin schon mal über Liveauftritte gesprochen. Du bist in den nächsten Wochen mit Nina Chuba & den Giant Rooks auf Tour. Wird man dieses Jahr noch öfter die Gelegenheit haben, dich live zu sehen?

Ja, ich spiele bei mehreren Fesitvals gegen Ende des Sommers und ein Gig gegen Spätsommer, der noch nicht angekündigt wurde.

Dann sind wir mal gespannt was da auf uns zu kommt und freuen uns drauf. Sag mal gabs für dich einen Moment, wo du gecheckt hast: oh krass, ich bin jetzt in der Szene angekommen?

Ich glaube, einen bestimmten Moment gab's nicht, vor allem weil meine Anfänge während der Pandemie waren, da gab es keinen direkten Kontakt zu den Leuten draußen und ich habe das alles nur so über Social Media mitbekommen. Leute aus der Szene habe ich dann auch erst über Instagram kennengelernt, für die ich früher teilweise ein bisschen als Fangirl unterwegs war.

Ein Moment, der mir aber gerade einfällt, ist der, dass ich damals in einem Interview mal gesagt habe, dass ich Giant Rooks den ganzen Sommer gehört habe und dann habe ich Support für die gespielt. Das war so ein totales Traumszenario für mich und da hab ichs voll gecheckt.

Ah richtig crazy, dass du das mal so beiläufig in einem Interview erwähnt hast und dann einfach mit denen auf Tour warst. Super witzig und cool! Das ist für dich aber bestimmt auch mega gut mit Leuten auf Tour zu sein, die schon einen Plan haben, wie alles läuft, oder?

Ja, das ist für mich eine große Inspiration – zu sehen, wie die Shows aufgebaut sind, egal von welchem Act, was die so machen und wie die mit dem Publikum interagieren. Ein bisschen analysieren, wie andere das so machen, ist auch wichtig.

Wenn du dir ein Festival, egal wo auf der Welt, aussuchen kannst auf dem du spielen darfst, welches wäre das?

Oh man, ich bin gar nicht in diesem Festivalgame drin. Ich kenne wirklich nur die richtig großen Festivals, die auch medial so richtig gepusht werden, aber bei denen bin ich mir nicht so sicher, ob die wirklich so cool sind. Viele werden ja auch einfach nur so gepusht oder sind dann von der Reaktion des Publikums gar nicht so, wie man sich das ausmalt. Ich sage jetzt mal das MS Dockville in Hamburg. Ich habe da früher an der Bar gearbeitet und war Bartenderin. Ich war zwar nie privat als Gast da, aber auf der Mainstage zu spielen wäre schon sehr cool. Dann könnte ich auch sagen, dass ich von der Tellerwäscherin zum Artist auf der Mainstage geworden bin (lacht).

Haha das fände ich super funny. Sollte das passieren, werde ich auf alle Fälle einen Artikel mit der Headline schreiben. Du bist ja auf Social Media recht aktiv, ich finde dein Instagram hat eine krasse Asthetic und dein Tik Tok hat viel Content, bei dem du auch mal nen Witz reißt. Wenn du für den Rest deines Lebens nur noch eine Social Media Plattform nutzen dürftest (ausgenommen sind Messenger welche würdest du wählen?


Ich glaube Tik Tok, da kommt voll die Gen Z in mir raus. Es ist echt ein Kopf-an-Kopf- Rennen von den beiden Plattformen. So sehr ich Instagram lieb habe und cool finde, dass man selektive Momente teilen und schöne Fotos posten kann. Finde ich Tik Tok viel mehr relatable. Diese relatable Kultur tut einem so gut in dieser inszenierten Gesellschaft, in der wir leben. Es ist ja auch nichts Schlechtes, dass man selektiv nur gute Momente teilen will. Ich meine nicht jede:r ist bereit, verletzlich im Internet aufzutreten. Bei Tik Tok sieht man ein Video und checkt, dass man mit seinen Problemen gar nicht alleine ist und das irgendwie auch noch 5000 andere Leute haben und da fühle ich mich aufgehoben. Das Gefühl vermittelt Tik Tok mir. Außerdem ist es auch witzig, auf Tik Tok abzuhängen.

Last but not least, freuen sich unsere Leser:innen immer über irgendeinen coolen Tipp oder Ratschlag, hast du da was?

Was ich so jedem ans Herz legen würde: Wenn man einen Traum, eine Vision oder eine Vorstellung von irgendwas hat, was man erreichen oder umsetzen will, sollte man nicht immer alles zerdenken, sondern einfach mal ins kalte Wasser springen und seine Komfortzone verlassen. Das Schlimmste, was passieren kann, ist, dass man seinen eigenen Ansprüchen nicht gerecht wird. Ich finde – einfach machen! – ist wirklich ein gutes Motto! Außerdem seinen eigenen Ansprüchen entgegenzukommen und nicht zu hart zu sich selbst zu sein, tut auch gut.


Einfach machen, das kann Anais wirklich gut!

Ich habe sie bei einem der Nina Chuba Konzerte live gesehen und muss sagen, dass sie live voll und ganz überzeugt hat. Im Publikum sind während ihres Auftritts immer wieder Sätze gefallen wie: "Oh wow ihre Stimme ist so krass" oder "Ich fühl mich gerade wie in einer Traumwelt".

Mit ihrer zusätzlich super freundlichen und offenen Art konnte sie das Publikum sofort abholen und mit in ihrem Bann ziehen. Sie hat nun außerdem ihre EP mit dem Namen "44" angekündigt, die am 22.07. erscheinen wird. Anais wird uns hiermit vermutlich einen entspannten Soundtrack für den Sommer liefern.

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